Diese Welt in Schwarz-Weiß wird seltsam rätselhaft und fremd

Auch in Zeiten von Megapixel, Photoshop & Co. hat die gute alte analoge Schwarz-Weiß-Fotografie kaum etwas von ihrer Faszination und schon gar nichts von ihrem hohen künstlerischen Stellenwert verloren. Im Gegenteil – je raffinierter die Methoden der elektronischen Bildbearbeitung und –manipulation werden, umso mehr richten Verlage und an Fotografie interessiertes Publikum ihr Augenmerk auf die „puren“, unverfälschten Arbeiten in Schwarz-Weiß. Ein schöner editorischer Zufall ermöglicht anhand aktueller Neuerscheinungen einen spannenden Vergleich der Arbeitsweise zweier wichtiger österreichischer Fotografen.

Das Oeuvre von Reinhart Mlineritsch, 1950 in Wien geboren, ist im klassischen Sinne konzeptionell orientiert. Mlineritsch arbeitet ausschließlich analog und mit bewährten Groß- und Mittelformatkameras. Viel Zeit verwendet er auch für die Arbeit in der Dunkelkammer und erreicht solcherart in seinen Bildern fototechnische Feinheiten, welche mit digitaler Bildmanipulation auch heute noch nicht machbar sind. In seinem kürzlich erschienenen Fotoband „Cover of Darkness“ zeigt er die ästhetischen Spuren menschlicher Eingriffe in alpine Naturlandschaften, etwa in Gestalt von Schneekanonen, Lifttrassen und anderer touristischer Versatzstücke im Salzburger Land. Eine ähnlich melancholische Grundstimmung herrscht auch in Mlineritschs Architekturaufnahmen. Seine meist nachts oder bei künstlichem Licht, teilweise mit sehr langen Belichtungszeiten entstandenen Ansichten von Parkhäusern, Autobahnkreuzungen und Industrieanlagen sind menschenleer, kühl und zeigen eine geradezu surreale Seite des zivilisatorischen Fortschritts. Ergänzt wird die Bildauswahl im vorliegenden Buch um eindrucksvolle Landschaftsaufnahmen und moderne Stillleben aus Österreich, Griechenland und den USA sowie einige Porträts und Selbstinszenierungen, in denen Mlineritsch Bezüge zu fotogeschichtlichen Themen herstellt und auf eigene Weise neu interpretiert. (Bruno Lässer, Vorarlberger Nachrichten vom 12.1.2008).