Ob er die Klassiker kennt, wissen wir nicht. Ob er Lee Friedlanders ,,Factory Valleys“ gesehen und studiert oder Imogen Cunninghams Blumenstills verinnerlicht hat, ob ihm Namen wie Evans oder Strand oder Alfred Ehrhardt etwas sagen, muss als Frage offen bleiben. Der dürftige Klappentext weiß lediglich zu berichten, dass Reinhart Mlineritsch 1950 in Wien geboren wurde, in Salzburg lebt, hauptberuflich in der Industrie tätig ist und sich – quasi nach Feierabend – am Salzburg College fotografisch fortgebildet hat. Dass er hier mit den Großen der Fotografie Bekanntschaft gemacht hat, dürfen wir vermuten. Die Bildbeispiele in dem exzellent gedruckten Band sprechen jedenfalls dafür. Womit nicht gesagt sein soll, dass Mlineritsch sich lediglich bei Vorbildern verschiedenster Couleur bedienen würde, fernöstliche Kamerameister mit ihrer meditativen Low-key-Ästhetik eingeschlossen. Mlineritsch, kein Zweifel, hat gelernt. Aber erweiß das Gelernte in eigene und durchaus originelle Bilder umzuschlüsseln. lndustrieanlagen, aber auch unberührte Gebirgsformationen, Flusslandschaften, aber auch Fabrikhallen, Pflanzenstudien oder lnterieurs – so ließen sich die Sujets des Österreichers definieren. In handwerklich makellosen Studien nähert er sich dem Unberührten und Geformten, dem Statischen und dem Bewegten. Mal geht er dicht heran, mal zieht er die Totale vor. Dass die durchweg schwarzweißen Aufnahmen in dem Band nur vage einer thematischen Ordnung unterworfen wurden, zeigt: Hier geht es nicht um Inhalte, sondern um Formen, um Oberflächen und Strukturen. Und den Versuch, in einer Welt der permanenten Reize den stillen Dingen ein Geheimnis zu entlocken. (Photo Technik International, Nr. 6/99).